Psychotherapie Kiel: Psychotherapie und Psychotherapieverfahren eine kleine Einführung.

Was ist Psychotherapie ? Psychotherapie gibt es in einer Vielzahl unterschiedlicher Verfahren (Psychotherapieverfahren) mit jeweils eigenen theoretischen Hintergründen (theoretischen Modellen). Gemeinsamer Nenner der Psychotherapie ist in jedem Fall, dass es sich bei Psychotherapie um Bemühungen handelt Heilung oder Linderung von psychischen Leid oder Verhaltensstörungen mittels einer gezielten Interaktion (ausgebildeter Therapeut - Klient) beruhend auf einem Konzept / theoretischem Modell zu erreichen.

PT Kiel: Psychotherapie - die unterschiedlichen Verfahren

Im Groben lassen sich einige Schulen / Verfahrensrichtungen der Psychotherapie bestimmen.

  • (Psychoanalyse) Dynamische / Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Verhaltenstherapie + Kognitive Verhaltenstherapie
  • Humanistische Psychotherapieverfahren
  • Systemische Psychotherapie

Zu Beginn der Entwicklung der modernen Psychotherapie lassen sich noch zwei Grundströmungen klar unterscheiden. Hier ist vorallem Sigmund Freud (1856-1939) und seine Psychoanalyse zu nennen und auf der anderen Seite die Verhaltenstherapie (Grundlage: Lerntheorie) in derem Zusammenhang u.a. Namen wie Pawlow, Thorndike, Skinner, Bandura zu nennen sind, welche zum Teil mit Experimenten untermauert die Grundsteine der Lerntheorie aufgestellt haben. Grundideen der Verhaltenstherapie und auch der Kognitiven Verhaltenstherapie (z.B. Seeligman -> "Erlente Hilflosigkeit" / oder Beck -> "Kognitives Modell der Depression") sind die Verhaltenskonditionierung (Pawlowischer Hund), das Lernen über Anreize (Verstärker) und das Model-Lernen (Bandura).

Bei Sigmund Freud ging es von Anfang an um Prozesse der Psyche, welche sich schlecht mit den herkömmlichen Methoden der empirischen Forschung untersuchen lassen, anders bei der Lerntheorie / Verhaltenstherapie, welche sich gerade zu Anfang nur auf gut beobachtbares, äusserlich sichtbares Verhalten (z.B. wie bei Pawlow -> Hund / Essen / Glocke) bezog. Seit der "Kognitiven Wende" (Noam Chomsky) wurde aus der Black-Box die Wihte-Box, das heißt jetzt wurden auch die inneren Reize (z.B. Gedanken) in die Verhaltenstherapie mit einbezogen = Kognitive Verhaltenstherapie. Freuds Forschung mutete von Anfang an oft eher geistenswissenschaftlich / hermeneutisch an, was ihm auch von der Verhaltenstherapie vorgeworfen wurde, welche sich eben bis zu Kognitiven Wende nur mit gut beobachtbaren und messbaren Verhalten beschäftigen wollten. Bei Freud und in der Psychoanalyse und auch in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie spielen Konzepte wie das Unbewusste, ein Strukturmodell der Psyche (Ich-Es-Über-Ich), Abwehr, Gefühle, innere Konflikte, Phasenlehre (Oral/Anal/Ödipal...) das Ich (Ich-Psychologie - A.Adler), das Kollektive Unbewusste / Archetypen (C.G.Jung), Kindheitstraumata (der "frühe Freud", z.B.1889) , später

Die klassische Psychoanalyse ist eine zeitintensive Therapieform, welche in einer Frequenz von wöchentlich 3-5 Sitzungen stattfindet und welches vom Setting her meistens im Liegen und ohne Sichtkontakt zwischen Patient und Therapeut stattfindet. Die "moderne" tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hingegen wird heute üblicherweise in wöchentlichen oder 14 tägig stattfindenden Sitzungen im Sitzen durchgeführt. Der Therapeut ist hier auch oft aktiver als in der Psychoanalyse. Viele Psychoanalytiker entwickelten eigene Konzepte und Therapieverfahren, welche auf die Ps-ychoanalyse aufbauen, welche hier aber nicht eingehend besprochen werden können.

PT Kiel: Humanistische Psychotherapie

Die sogenannten humanistischen Psychotherapieverfahren sind z.B. die Gesprächspsychotherapie nach C.Rogers, die Gestallttherapie nach Fritz Perls, das Psychodrama nach Moreno. Die meisten Begründer der Humanistischen Psychotherapieverfahren waren von ihrer Ausbildung her "klassische" Psychoanalytiker. Psychodynamische und psychoanalytische Konzepte sind auch in der humanistischen Psychotherapieform letztlich das Grundgerüst. Entscheidender Unterschied ist neben den neuen eingesetzten Techniken (wie z.B. gestalten (Modulieren, Malen...), Rollenspiele /Psychodrama, Paraphrasieren / Gesprächstherapie) die positive (humanere) Ausrichtung der Therapie. Das Leitbild ist hier nicht, anders als in der Psychoanalyse der Fall, die beherschung der eigentlich destruktiven menschlichen Natur mit seinen Trieben und Agressionen, sondern die Persönlichkeitsentwicklung und Entfaltung (Befreiung) ist das Ziel. Die Grenzen sind nicht immer klar zu ziehen weil z.B. C.G. Jung mit seinem Prozess der Persönlichkeitsentwicklung (Individuation) auch schon diese Richtung eingeschlagen hat. Grundsätzlich ist in der Humanistischen Psychotherapie das zugrunde liegende Menschenbild viel positiver (Resourcen orientiert) als das Menschenbild der Klassischen Psychoanalyse.

PT Kiel: Systemische Psychotherapie / Familientherapie

Die Systemische Psychotherapie ist, wie die anderen Therapierichtungen ebenfalls, kein einheitliches Gebilde. Grundsätzlich wird in den systemischen Psychotherapieverfahren der Blick auf das System z.B., das System Familie, einer Gruppe oder Organisation (z.B. einer Firma / Abteilung) gelenkt - es steht also nicht das Individuum an zentraler Stelle (wie z.B. in der Psychoanalyse) sondern das System als solches. Folglich werden auch z.B. Krankheitssymptome eines Familienmitgliedes nicht als individuelles, sondern systemisches Problem betrachtet, zu dessen Lösung eben auch die andern Systemeinheiten beitragen können / müssen. Grundideen der Systemtheorie sind die Kybernetik und die Feldtheorie. Ein Beispiel für eine Systemische Therapieform ist beispielsweise die Familienaufstellung nach Hellinger.

PT Kiel: Die Primärtherapie - eine tiefenpsychologisch fundierte und humanistische Psychotherapie

Die Primärtherapie gehört grundsätzlich zu den tiefenpsychologischen Verfahren, da sie einige Grundkonzepte mit der Psychoanalyse und anderen tiefenpsychologischen Verfahren teilt. Zu nennen ist hier z.B. das Konzept des Unbewussten, der Abwehrmechanismen, das Konzept der Übertragungen und Teile der Traumatheorie. Wobei viele diese psychoanalytischen Konzepte im Rahmen und in der Anwendung der Primärtherapie deutlich modifiziert und anders gehandhabt werden. Gleichzeitig ist die Primärtherapie aber auch eine humanistische Psychotherapieform, da es in ihr um persönliche Entfaltung und Entwicklung geht und ihr ein wesentlich positiveres Menschenbild zugrunde liegt als in der klassischen Psychoanalyse.

Arthur Janov Begründer der Primärtherapie (The primal Scream, 1969) und auch z.B Alice Miller (Das Drama des begabten Kindes, 1979 + Du sollst nicht merken, 1981) ist es zu verdanken, dass die Psychotherapie insgesamt seit den 1970er Jahren einen Wandel durchgemacht hat. Gerade diese beiden Autoren brachten psychologische Begebenheiten / Einsichten an das Tageslicht und in die Öffentlichkeit und bereicherten mit ihren Ausführungen das Verständnis von psychischen Schwierigkeiten und ihrer Behandlung grundlegend. Janov geht seit den 1960er Jahren davon aus, dass der zentraler Punkt in der Genese und auch der Behandlung von psychischen Störungen (auch psychosomatischen Störungen) die Beachtung von traumatischen/schmerzhaften nicht integrierten Gefühlen und Erfahrungen (Pränatal, Geburt und Kindheit) liegt. Nach Janov und später auch H.Munk führen diese vom Bewusstssein abgeschnittenen und ständig unbewusst gehaltenen Erfahrungen / Gefühle zu einer Verzerrung des ganzen psychischen Systems (mit ensprechenden Krankheitszeichen) - letztlich führt die Abspaltung dieser Gefühle zu einem "Falschen Selbst" (Alice Miller) dessen andauerndes Fortbestehen, seit der Spaltung in der Kindheit den Betroffenen daran hindert ein erfülltes Leben führen zu können. Die Gefühlsabwehr (ähnlich Abwehrmechanismen der Psychoanalyse) verhindert in der Regel die notwendige Verarbeitung und das Fühlen der verdrängten Anteile (in der Kindheit waren sie noch ein notwendiger Schutzmeachnismus!). In der Primärtherapie sind daher die Abwehrmechanismen, vorallem die des Erwachsenen, gegen seine eigenen verdrängten kindlichen Traumata, eher als etwas krankhaftes einzustufen, als wie dies z.B in der Psychoanalyse betrachtet wird. Vieles der Abwehr ist ungesund und verhindert eine ursprüngliche Lebendigkeit und die Möglichkeit des So-Seins. in der Therapie geht es nun darum schrittweise die Abwehr zu überwinden und das ursprüngliche Gefühle (verdrängtes und nie empfundenes Gefühl) zu durchfühlen und bewusst zu verarbeiten. Dieser Therapieprozess führt auf Dauer zu einer Auflösung der Symptome und der Aufgabe des "Falschen Selbst". Dies ermöglicht ein völlig anderes und authentischeres Lebensgefühl, in welchem der Klient mehr dazu in die Lage versetzt wird sein eigenes menschliches Potential zu verwirklichen.